Die geplante Urheberrechtsreform auf den Punkt gebracht
Beitrag verfasst von Dr. Tobias Tretzmüller LL.M. am 31.10.2018 – KTR-Newsletter Okt 2018
Die geplante Urheberrechtsreform, das ist – frei nach Helmut Qualtinger – „brutal wie Simmering gegen Kapfenberg…“. Ein Kampf Innovationen versus Kommunikationsfreiheit im Internet. Unser ständiger Kooperationspartner RA Dr. Tobias Tretzmüller, LL.M. hat die wichtigsten Punkte der geplanten Urheberrechtsreform kompakt für Sie zusammengefasst:
Wer ist angesprochen?
Die Urheberrechtsnovelle betrifft all diejenigen, die mit ihrer Geisteskraft ein Werk „eigentümlicher geistiger Schöpfung“ im Sinne des § 1 Urheberrechtsgesetz erschaffen. Sie betrifft daher den Kaffeehausliteraten ebenso wie den „Nerd“, der eine neue Software entwickelt hat. Sie betrifft den (Hobby-)Fotografen genauso wie den Journalisten oder den Rechtsanwalt, der eine geniale Klage ausgearbeitet hat.
Was behandelt die Urheberrechtsreform?
Es ist ein Gebot der Zeit, dass der Schutz geistigen Eigentums immer schwerer fällt. Rasend schnell verbreitet sich das über Jahre mühsam geschaffene Geisteswerk im World Wide Web – und damit auch die Möglichkeit, Kompensation für seine Errungenschaft zu erlangen. Diesem Trend versucht die EU mit der Urheberrechtsreform Einhalt zu gebieten. Doch zu welchem Preis? Der schnelle Zugang zu Informationen ist aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken.
Eine weitere – äußerst bedauerliche, aber auch gefährliche – Entwicklung ist der Rückgang von Qualitätsjournalismus. Was in mühevoller Kleinarbeit investigativ an das Tageslicht gebracht wird, wird von Trittbrettfahren zum eigenen Zweck, nämlich für – im wahrsten Sinne des Wortes – billige Schlagzeilen ausgenutzt. Qualitätsjournalismus amortisiert sich dadurch nicht mehr. Auch diesen Kampf will die Urheberrechtsreform aufnehmen. Es sollen nun die „entsprechenden zukunftstauglichen Rechtsvorschriften geschaffen werden, damit die technologische Entwicklung nicht behindert wird.“
Wie soll dieses Vorhaben umgesetzt werden?
Die zumeist US-amerikanischen „Over-the-top-Player“ wie „Youtube“ oder „Google“ sind auf interessanten „Content“ angewiesen und profitieren als gigantische Marketingmaschinen auch davon. Im Ausgleich dazu sollen diese „Anbieter von Online-Inhaltsweitergabediensten“ (wie sie in der Urheberrechtsnovelle charmant [freilich indirekt] bezeichnet werden) dafür eine angemessene Lizenzgebühr zu entrichten haben. Ob dies für die genannten Giganten tatsächlich ein Störfaktor ist oder eher eine weitere Eintrittsbarriere für neue Suchmaschinenbetreiber darstellt, sei hier nur dahingestellt.
Wer über das Internet denunziert oder seiner Werknutzungsrechte beraubt wird, hat zuweilen gegen einen harten Gegenwind anzukämpfen. Die Urheberrechtsnovelle soll den Zugang zum Recht nun erleichtern. Die Mitgliedsstaaten müssen „wirksame und zügige Beschwerde- und Rechtsbehelfmechanismen zur Verfügung stellen“, um sich gegen eine Urheberrechtverletzung rechtlich zur Wehr setzen zu können.
Wenn von der Urheberrechtsnovelle die Rede ist, dann meist auch vom „Upload-Filter“, welcher viele offenbar an die metternichschen Bespitzelungszeiten erinnert. Tatsächlich findet der Upload-Filter im derzeitigen Entwurf mit keinem Wort Erwähnung. Weil aber bisherige Haftungsprivilegien für Suchmaschinenbetreiber entfallen, sind diese aber de facto zu einem proaktiven Filtern des hochzuladenden Inhalts genötigt. Mit anderen Worten werden die „Anbieter von Online-Inhaltsweitergabediensten“ den auf ihren Plattformen dargestellten Inhalt auf etwaige Rechtswidrigkeiten zu überprüfen haben. Dies führt freilich zu einem massiven Mehraufwand – den sich wiederum nur einige wenige leisten werden können. In diesem Zusammenhang soll auf eine – noch nicht rechtskräftige – Entscheidung des Handelsgerichts Wien vom 4.6.2018, 1 Cg 65/14t hingewiesen werden. Bereits nach derzeitiger Rechtslage wurde einem Unterlassungsbegehren gegen Youtube stattgegeben, weil Youtube nicht mehr als „bloßer“ Vermittler agiert und daher nicht mehr in den Genuss der Haftungsprivilegien nach § 16 und § 18 ECG gelangt.
Wie geht es weiter?
Der Entwurf zur Urheberrechtsnovelle wurde vom EU-Parlament mit 66 % der abgegebenen Stimmen gebilligt. Der nächste Schritt sind nun die sogenannten Trilog-Gespräche mit dem Rat und der Kommission. Große Änderungen dürften aber offenbar nicht mehr zu erwarten sein. Nachdem es sich um eine Richtlinie handelt, werden die Mitgliedsstaaten in der Folge nationale Gesetze zu erlassen haben, mit welchen sie die Urheberrechtsnovelle umsetzen werden.