Neues Medienprivileg schützt Medienhäuser
Beitrag verfasst von Dr. Rainer Knyrim – KTR-Newsletter Juni 2024
Das Justizministerium hat im Mai 2024 einen Begutachtungsentwurf für die Neuformulierung des § 9 DSG, der das sog „Medienprivileg“ enthält, versandt. Die Neuformulierung war notwendig, da der VfGH mit Erkenntnis vom 14.12.2022 die bisherige Formulierung des § 9 DSG wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben hatte, wobei die Aufhebung mit Ablauf des 30.6.2024 in Kraft getreten wäre. Grund für die Aufhebung war, dass durch § 9 Abs 1 DSG das Grundrecht auf Meinungsäußerung und Informationsfreiheit gegenüber dem Grundrecht auf Datenschutz des § 1 Abs 1 DSG derart privilegiert war, dass Medienunternehmen vom Datenschutzrecht im Wesentlichen komplett ausgenommen waren. Diese fast vollständige Ausnahme der Medienhäuser von der DSGVO entsprach auch nicht der Öffnungsklausel des Art 85 DSGVO.
Wir wurden vom FALTER eingeladen, einen informellen Vorentwurf des Justizministeriums zum neuen Medienprivileg durchzusehen, was in die FALTER-Titelgeschichte „Angriff auf die Pressefreiheit“ Eingang fand (Ausgabe 13/2024 vom 27.03.2024). Dieser Vorentwurf wurde vom Justizministerium in der Folge überarbeitet und im Mai zur Begutachtung versandt.
Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens konnten wir erneut für den FALTER eine Stellungnahme abgeben und feststellen, dass der Vorschlag nun u.a. die Einschränkung enthielt, dass bis zur Publikation eines Berichts in einem Medium das Auskunftsrecht vollständig ausgeschlossen ist und danach nur mit Einschränkungen gilt. So muss die Auskunft auf bestimmte, im Antrag konkret zu bezeichnende Veröffentlichungen Bezug nehmen und es soll ein geringfügiges Entgelt von EUR 9,00 pro Auskunftsersuchen verlangt werden dürfen. Weiters soll das Recht auf Kopie ausgesetzt sein. In unserer Stellungnahme (nachzulesen auf der Website des Parlaments HIER) hielten wir fest, dass diese Einschränkungen zwar das Problem von „Massenanfragen“ reduzieren, letztlich aber nicht verhindern können, und daher das Risiko besteht, dass Medienunternehmen durch solche „Massenanfragen“ lahmgelegt werden. Das ist im Übrigen ein Problem, das nicht nur Medienunternehmen trifft, sondern jedes Unternehmen treffen kann, wenn jemand gezielt eine „Kampagne“ gegen dieses führt.
Die neue Regelung wurde schließlich am 12. Juni 2024 im Plenum im Parlament beschlossen, wobei auch dort noch zwei Details mittels Änderungsanträgen abgeändert wurden. Die Regelung gilt ab 1. Juli 2024 und es ist damit zu rechnen, dass versucht wird, Medien ab diesem Zeitpunkt mit Auskunfts- und Löschungsersuchen „anzugreifen“.