Verhandlungsführung bei IT- Projekten 7 Tipps für ein gelungenes Projekt

Verhandlungsführung bei IT- Projekten 7 Tipps für ein gelungenes Projekt
KTR intern  – Dr. Tobias Tretzmüller LL.M.

IT-Projekte gehen mit einer hohen Komplexität und Kosten einher. Gleichzeitig ist das Risiko des Scheiterns groß.(1) Eine kluge Verhandlungsführung kann jedoch Ihre Position und Erfolgschancen steigern. In diesem Newsletter möchte ich Ihnen 7 Tipps für eine erfolgreiche Verhandlungsführung näher bringen.

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1. Schaffe Klarheit über die Ausgangslage

Erstellen Sie ein Beschaffungsportfolio, dass aus den Achsen „Einkäufermacht“ und „Lieferantenmacht“ gebildet wird.(2) Je nach Ausgangslage empfehlen sich unterschiedliche Verhandlungsstrategien. Überwiegt die Einkäufermacht, dann können in der Verhandlung bessere Konditionen durchgesetzt werden. Gerade bei einem ausgeglichen Machtverhältnis (siehe Beispiel oben) ist Verhandlungsgeschick gefragt, da keine Partei vor Verhandlungsbeginn über eine vorteilhafte Position verfügt. Bei einer sehr hohen Lieferantenmacht könnte es eine Option sein, mit anderen Einkäufern eine „Käufervereinigung“ zu bilden, um auf diese Weise den Druck auf den Lieferanten zu erhöhen. Seien Sie sich auch des Risikos und der Abhängigkeit vom Lieferanten bewusst. Sollten diesen Aspekte sehr ausgeprägt sein, kann unter Umständen eine gezielte Auftragsvergabe an zwei Lieferanten sinnvoll (sog „Muti-Vendor-Sourcing“) sein.

Weites sollten Sie sich einen Überblick über den Markt und die angemessenen Preise verschaffen.(3)

2. Setze den ersten Schritt

Mein Fußballtrainer hat uns früher vermittelt, dass wir nicht reagieren, sondern agieren müssen. Ein exzellenter Ratschlag – auch im Geschäftsleben. Konkret bedeutet das, dass Sie den ersten Vertragsentwurf gestalten sollten. Damit haben Sie die „Zügel in der Hand“.

3. Seien Sie sich der typischen Streitpunkte bewusst

Umfragen zur Folge (4), werden folgende Aspekte bei IT-Vertragsverhandlungen am häufigsten diskutiert:

  • Haftung und Gewährleistung
  • Vertragsstrafen
  • Know-How-Austausch
  • Exitklauseln
  • Benchmarkingklauseln

Seien Sie sich bewusst, dass diese Aspekte angesprochen werden. Überlegen Sie sich proaktiv eine „BATNA“ (Best Alternative to a Negotiated Agreement) – und behalten Sie Ihre Schmerzgrenze im Auge. (5)

4. LOI, MOU und NDA (6)

Noch bevor die ersten konkreten Vertragsgespräche geführt werden, sollten Verschwiegenheitsverpflichtungen (Non Disclosure Agreement („NDA“)) abgeschlossen werden. Ansonsten laufen Sie Gefahr, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse „ausgeplaudert“ werden.(7) Zur Vertragsanbahnung und unmittelbaren Vorbereitung vertraglicher Vereinbarungen werden in der Praxis auch verschiedene Instrumente eingesetzt, die formelle Absichtserklärungen dokumentieren wie ein sog Letter of Intent („LOI“) oder ein Memorandum of Understanding („MOU“).

5. Agieren Sie professionell und respektvoll

Es sollte selbstverständlich sein und ist gleichzeitig ein wesentlicher Erfolgsfaktor in Vertragsverhandlungen: Agieren Sie stets professionell, wertschätzend und respektvoll. Seien Sie bestmöglich auf Ihr Gegenüber eingestellt und verbiegen Sie sich nicht.(8)

6. Streben Sie eine „Win-Win-Situationen“ an

IT-Projekte sind in der Regel Langzeitprojekte. Gleichzeitig steigt die wechselseitige Abhängigkeit stetig. Es macht daher überhaupt keinen Sinn, den Vertragspartner zu „knebeln“. Ein derartiges Handeln wäre sehr kurzfristig gedacht und führt auf direktem Weg zu Frustration (in der Regel auf beiden Seiten). Betrachten Sie den Sachverhalt daher auch aus den Augen Ihres Vertragspartners und streben Sie „Win-Win-Situationen“(9) an.

7. Gestalten Sie ein konsensuales und passendes Vertragswerk

Münzen Sie zu guter Letzt Ihre Verhandlungsergebnisse in einen konsensualen und passenden Vertrag um.(10) Begehen Sie bitte nicht den Fehler, unreflektiert Vertragsmuster heranzuziehen. Machen Sie sich Gedanken über Aspekte wie: Mitwirkungspflichten, Lizenzmanagement, Projektmanagement, Change Management, Konfliktmanagement und Exit-Management. Weiters sollte das Projekt während der gesamten Vertragslaufzeit durch ein Vertrags-Controlling begleitet werden, sodass Sie stets die Übersicht bewahren und gegebenenfalls regulierend einschreiten können.

8. Zusammenfassung

„Glück ist, wenn Gelegenheit auf Vorbereitung trifft“(11). Der Schlüssel für eine erfolgreiche Vertragsverhandlung ist eine solide Vorbereitung. Dazu gehört:

  1. Bekommen Sie Klarheit über die Ausgangslage;
  2. Setzen Sie proaktiv die ersten Schritte indem Sie die Vertragsunterlagen vorbereiten;
  3. Antizipieren Sie mögliche Problemstellen und gestalten Sie Handlungsalternativen;
  4. Denken Sie an die Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen;
  5. Bleiben Sie stets professionell und wertschätzend;
  6. Streben Sie Win-Win-Situationen an und
  7. Münzen Sie die Vertragsgespräche in ein passendes Vertragswerk um und flankieren Sie dieses durch ein angemessenes Vertrags-Controlling.

1 Vgl Tretzmüller https://www.kt.at/wp-content/uploads/2019/06/Newsletter_Die-fünf-häufigsten-Streitpunkte-bei-EDV-Projekten_20190604.pdf.
2 Vgl Klotz/Dorn, Vertragsmanagement in der IT, 2. Auflage, 136.
3 Vgl Jaburek, Handbuch der EDV-Verträge 1. Teil, S 46 ff.
4 Vgl Heussen 2014b, Rn 3/14ff., S 377 f, Klotz/Dorn, Vertragsmanagement in der IT, 2. Auflage, 98.
5 Vgl Fisher/Ury/Patton, Das Harvard Konzept, 147.
6 Lassen Sie sich von den Abkürzungen nicht entmutigen :).
7 Vgl Tretzmüller https://www.kt.at/wp-content/uploads/2019/05/Newsletter_Know-How-Schutz_20190515.pdf.
8 Vgl Vgl Fisher/Ury/Patton, Das Harvard Konzept.
9 Vgl Vgl Fisher/Ury/Patton, Das Harvard Konzept, S 95 ff.
10 Vgl Tretzmüller https://www.kt.at/wp-content/uploads/2019/06/Newsletter_IT_Outsourcing_20190627-002.pdf
11 Seneca.